Stefan ist seit vielen Jahren begeisterter Wellenreiter und Kitesurfer. Auf seinem Blog Travelonboards.de berichtet er von den schönsten Reisezielen für Surfer rund um den Globus.
Wir kennen Stefan schon seit einigen Jahren und sehen uns leider viel zu selten!
Stefan ist als Journalist tätig und hat gerade vor wenigen Wochen ein Buch mit dem klingenden Namen „111 Gründe, surfen zu gehen“ veröffentlicht.
Wir haben das Buch, das eine Liebeserklärung an die Surfkultur und den Ozean ist, bereits lesen dürfen und freuen uns nun, Stefan dazu interviewen zu können.
Stefan, seit wie vielen Jahren surfst du schon und wann war der Moment, als es für dich zur Leidenschaft wurde?
Ich surfe jetzt seit 25 Jahren – oje, ich bin alt! Ich bin ja am Bodensee aufgewachsen, das Wasser und der Wassersport waren schon immer ein großer Teil meines Lebens. Los ging es mit Windsurfen und Segeln, dann kam das Wellenreiten dazu und vor zehn Jahren hab ich mich an einen Kite gehängt.
Eine Leidenschaft war es eigentlich ab der Sekunde, als ich zum ersten Mal auf dem Brett stand. Ganz extrem war es beim Wellenreiten. Ich hab mir damals in San Diego ein Surfbrett ausgeliehen – und wusste nach der ersten Sekunde: „Das will ich für den Rest meines Lebens machen!“ Seitdem sind die Wassersportarten, insbesondere das Wellenreiten, ein großer Teil meines Lebens.
Wie verbindest du deine Arbeit und das Surfen? Bei vielen Surfbegeisterten ist das Thema „landlocked“ zu sein, also nicht am Meer zu wohnen, ein Problem. Wie verbindest du Arbeit, Familienleben und Surfen?
Ich habe glücklicherweise einen Beruf, bei dem ich nicht an ein Ort oder, noch schrecklicher, an ein Büro gebunden bin. Als Journalist kann ich die meiste Zeit des Jahres von überall arbeiten – also auch in der Nähe des Meeres.
Mit meiner Familie verbringe ich die Winter in Portugal, im Sommer sind wir in Hamburg, von wo der nächste Kitespot (und hin und wieder auch eine surfbare Welle) nicht weit weg ist. Klar würde ich auch gerne fest am Meer wohnen, ich habe aber auch festgestellt, dass ich die Wellen, den Strand und den Ozean wieder mehr schätze, wenn ich mal für eine Weile weg war. Zu lange ohne Salzwasser allerdings tut mir gar nicht gut – da werde ich nur krank!
Ein Buch zu schreiben ist mit vielen Höhen und Tiefen verbunden. Wie hast du den Prozess des Buchschreibens erlebt und wo hast du das Buch geschrieben? Ganz klischeehaft mit Laptop am Strand mit Blick auf die Surfer oder doch in einem Büro, wo du deine Ruhe hattest?
Das war eine Mischung aus Klischee und ernsthafter Arbeit! Einen großen Teil des Buches habe ich in Portugal geschrieben, selten allerdings direkt am Strand - der Rechner verträgt den Sand und die Sonnenmilch so schlecht! Hin und wieder hab ich mich aber zum Schreiben in ein Cafe gesetzt – mit Blick auf das Lineup!
Und was die Höhen und Tiefen angeht – oh ja, die gibt es. Manchmal habe ich zehn Seiten an einem Vormittag geschrieben, dann wiederum saß ich vor dem Bildschirm und habe stundenlang den blinkenden Curser angestarrt. Und Achtung - jetzt noch ein Klischee: Wenn das passiert ist, bin ich einfach eine Runde surfen gegangen, und siehe da, danach flogen die Finger wieder über die Tastatur! Insgesamt habe ich aber während des Schreibprozesses viel über mich gelernt und hatte die meiste Zeit auch viel Spaß daran, mein „Leben als Surfer“ einfach mal aufzuschreiben.
Du liebst nicht nur das Wellenreiten, sondern auch das Kitesurfen! An vielen Spots rund um den Globus schließen sich die zwei Sachen aus, denn die Bedingungen, die für Wellenreiter passen, sind für Kitesurfer oft nicht passend – Stichwort ablandiger Wind. Hast du Spotempfehlungen für Surfer, die beide Wassersportarten lieben und diese verbinden möchten?
Es stimmt, es gibt nicht so viele Spots, an denen beide Sportart einfach miteinander zu verbinden sind. Auf den Kanaren geht das allerdings ganz gut, in Marokko, auf Hawaii, in Dänemark oder Portugal.
Was ich bei meinem ersten Surf-Kite-Trip allerdings unterschätz habe, war zum einen die Menge an Equipment, die man so mitschleppt. Zum anderen war ich am Anfang damit überfordert, dass ich entweder surfen oder kiten kann – Freizeitstress pur. Allerdings auch ziemliche Luxussorgen!
Was gefällt dir am Wellenreiten besser und was am Kitesurfen? Es gibt gefühlt nicht sehr viele Menschen, die diese beiden Sportarten betreiben, woran glaubst du, liegt das? An der Philosophie, an den Spots oder an den Menschen selbst?
Keine der beiden Sportarten gefällt mir besser oder schlechter, jede hat ihren ganz individuellen Reiz. Beim Kiten sind es sicher die Sprünge, beim Wellenreiten das Gefühl, sich auf einem Wasserberg fortzubewegen und über das Wasser zu „fliegen“.
Ich wehre mich immer dagegen, die beiden miteinander zu vergleichen – das ist so, als würde man Handball und Fußball gegeneinander stellen: Beide funktionieren mit einem Ball und Toren, die Bewegungsabläufe und die Herausforderungen sind aber ganz andere. Ich glaube, dass nicht so viele Menschen beide Sportarten ausüben, weil eine alleine schon genug Einsatz, Zeit und Geld kostet. Viele konzentrieren sich wahrscheinlich lieber auf eine Sache, als das sie zwei Sportarten halbherzig ausüben. Ich allerdings kann nur dazu raten, genau das auszuprobieren!
In deinem Buch beschreibst du sehr viele schöne und unvergessliche Momente beim Surfen. Welchen würdest du als deinen schönsten Moment bezeichnen und erzählst du über diesen auch in deinem Buch?
Puh, eine sehr schwierige Frage. Das Surfen hat mir so viele schöne Erlebnisse beschert, und alle waren irgendwie unterschiedlich und haben mich auf einer anderen Ebene angesprochen.
Vielleicht sind es eher Kategorien, in die man die einzelnen Erlebnisse einsortieren kann: Begegnung mit der Natur, neue Menschen kennenlernen, Glück und Zufriedenheit empfinden. Wenn ich eine Kategorie nennen muss, die mich immer wieder und auch nach der langen Zeit noch bewegt, dann sind das die Erlebnisse mit der Natur: Dank dem Surfen bin ich Meeresbewohnern sehr nah gekommen, habe unglaubliche Erfahrungen in den wunderschönsten Ländern gemacht und durfte viel emotionales Glück erfahren. In meinem Buch schreibe ich über die Erlebnisse, die mich nachhaltig beeindruckt haben – egal, ob Menschen, Tiere oder die Natur involviert waren
Gibt es eine Welle, von der du schon länger träumst und die du gerne surfen möchtest? Und wohin führen dich deine nächsten Reisen?
Ich habe eine Liste mit zehn Wellen, die ich in meinem Leben gerne surfen möchte - glücklicherweise ist hinter sieben davon bereits ein Haken. Zwei der drei Übrigen möchte ich nicht verraten, da sie so eine Art Semi-Secret-Spot sind – und die eine, die übrig bleibt, ist bekannt als „Pipeline“ und bricht an der Northshore Hawaii´s.
Ich bezweifle allerdings, dass ich die Welle jemals surfen werde, da ich als Surfer einfach nicht gut genug dafür bin. Mal schauen, frag mich in 20 Jahren nochmal! Als nächstes geht es nach Kalifornien und eventuell auf einen Boattrip auf die Malediven – und ab Oktober bin ich dann wieder in den Lineups in Portugal zu finden.
Was hast du beim Schreiben des Buches für dich mitnehmen oder lernen können und gibt es vielleicht schon Pläne für weitere Bücher?
Nein, erst einmal bin ich glücklich darüber, dass ich dieses eine Buch fertig geschrieben und veröffentlicht habe. Das war wirklich viel Arbeit, auch emotionale, und ich glaube ich brauche noch ein wenig, um mich davon zu erholen.
Nein, im Ernst – es war eine wunderschöne Erfahrung, die mir viele Glücksgefühle beschert hat, mich aber auch gelehrt hat, den inneren Schweinehund zu bekämpfen. Und es war eine Art literarischer Surftrip in die persönliche Vergangenheit – es war befriedigend und inspirierend, einige der Reisen, Begegnungen und Wellen der letzten 25 Jahre aus dem Gedächtnis hervorzukramen.
Du hast einen kleinen Sohn und auf einigen Fotos auf deinen Social Media Kanälen sieht man, wie du ihn mitnimmst, um die Spotbedingungen unter die Lupe zu nehmen. Wird dein Sohn später mal zuerst Wellenreiten oder doch Kitesurfen lernen? Was glaubst du, welche Sportart sich besser für Kinder zum Einstieg eignet?
Ich würde mich natürlich freuen, wenn er Lust hat, mit seinem Vater raus ins Lineup zu paddeln. Was, und ob er das lernen will, das bleibt ihm überlassen. Ich denke schon, dass es sich für Kinder erst mal anbietet, auf einem großen Softtop im Weisswasser ein bisschen zu plantschen und ein Gefühl für das Wasser und die Umgebung zu bekommen.
Beim Kiten wirken einfach enorme Kräfte, die irgendwann nicht mehr zu kontrollieren sind – auch nicht vom Vater, der mit am Trapez hängt.
Stefan, vielen Dank für deine Zeit! Für alle, die dein wunderbares Buch auf ihre nächste Surfreise mitnehmen möchten oder ihren Surferdudes ein tolles Geschenk machen möchten, verlinken wir hier „111 Gründe, surfen zu gehen“!
Cool, vielen Dank an Euch. Macht weiter so mit Lifetravellerz – ihr seid echt ein wichtiger Teil der deutschsprachigen Boardsport-Community!
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