Bevor ich von meinem Kitekurs in Somabay erzähle, muss ich zuerst ein bisschen ausholen und von meiner ersten Kiteerfahrung vor ein paar Jahren erzählen.
Ich bin ein ziemlich ängstlicher Mensch. Bevor ich etwas Neues ausprobiere, wäge ich gerne mal Stunden- oder Tagelang die Gefahren ab und unterschätze mich selbst meistens auch noch. Ich war
schon als Kind so und als Erwachsener ist es eigentlich noch schlimmer geworden.
Jürgen kitet seit mittlerweile über 10 Jahren und als wir vor 8 Jahren unsere erste gemeinsame Reise gemacht haben, wollte ich das Kitesurfen unbedingt ausprobieren. Ich hatte mir schon monatelang vorher die ganze Theorie angelesen um auf alle möglichen Gefahren vorbereitet zu sein. Wir haben uns für zwei Wochen El Gouna entschieden und ich war mir sicher, nach diese zwei Wochen schon ein bisschen auf dem Brett rumfahren zu können.
Ich habe mich für einen dreitägigen Kitekurs entschieden und gleich am zweiten Urlaubstag damit begonnen. Ich war mir sicher, dass wir zuerst mit dem Trainerkite üben würden, so wie ich es in diversen Foren gelesen hatte.
Tja, da hatte ich die Rechnung ohne die Kitelehrerin gemacht. Sie selbst hatte das Kiten erst 6 Monate vorher erlernt und konnte gerade mal in beide Richtungen Höhe laufen. Die zweite Kiteschülerin in meiner Gruppe konnte schon Bodydraggen, somit hielt die Kitelehrerin es für unnötig mir einen Trainerkite zu geben und wir durften nach 5 Minuten Theorie einen 14er Rebel aufbauen.
Klingt jetzt so als wäre zu wenig Wind gewesen, aber Jürgen hatte mit dem 12er genug Power und es waren auch 10er Kites unterwegs.
Die zweite Kiteschülerin konnte wie gesagt schon Bodydraggen und nach einer Viertelstunde bekam ich den Kite in die Hand gedrückt und war gleich ziemlich verunsichert, da ich gemerkt hatte, wieviel Power dahintersteckt. Das Ende der Geschichte: Kite voll durch die Powerzone geloopt, meine Knie im stehtiefen Wasser aufgeschürft und den Kitekurs unter Tränen beendet.
Ich schwor mir, nie wieder einen Kite anzufassen....
Bei Jürgen und mir ist das Reisefieber immer stärker geworden und er ist dem Kitesport auch weiterhin treu geblieben. Da wir auch immer mal an Kitespots sind, an denen kein Mensch ist, habe ich mich immerhin überwunden, als Start- und Landehelfer für Jürgen zu fungieren. Er weiß, dass ich immer Angst bekomme, wenn der Kite sich ruckartig bewegt und wir haben da unser eigenes System entwickelt. Für jemand anderen starte ich den Kite nur wenn wirklich niemand anders zu finden ist.
Die Jahre vergingen und irgendwie habe ich immer öfter drüber nachgedacht, es doch nochmal zu versuchen. Manchmal würde ich eben selbst gerne über das türkisblaue Meer fahren. Eigentlich bin ich zwar mit meinem SUP sehr glücklich, aber irgendwie hat es dann doch an mir genagt, dass alle anderen um mich herum keine Angst vor dem Kiten haben und nur ich mir in die Hosen mache.
Als wir uns dann für eine Woche in Somabay entschieden haben, habe ich ganz viel über das 7Bft Kitehouse nachgelesen und viele positive Kommentare gelesen. Schließlich habe ich mich für einen 2-Tages Kurs entschieden um dem Kitesurfen noch eine Chance zu geben.
Als wir im 7Bft Kitehouse in Somabay angekommen sind und die Uhrzeiten für den Kurs vereinbart haben, habe ich auch gleich von meiner Vorerfahrung erzählt und die liebe Nadine vom Kitehouse war so nett mir einen geduldigen und passenden Lehrer zuzuteilen.
Ich kann dir nur raten, wenn du etwas ängstlich bist oder ebenfalls eine schlechte Vorerfahrung hattest, ehrlich mit deinen Ängsten und Sorgen umzugehen. Der Stationsleiter kann den passenden Lehrer für dich einteilen und dir somit gleich ein bisschen Sicherheit mitgeben. Niemand wird dich auslachen, die größten Muskelprotze und Angeber sind in der ersten Kitestunde schon gescheitert. Und sei auch ehrlich, wenn du lieber einen Mann oder eine Frau als Lehrer haben möchtest. Ich mag zB lieber von Männern unterrichtet werden, keine Ahnung wieso.
Ashraf, mein Kitelehrer, ist mit mir am Anfang der ersten Lektion ca. eine halbe Stunde lang die Theorie durchgegangen. Im Anschluss haben wir mit Trainerkite geübt und ehrlich gesagt, hatte ich mit dem 2 Quadratmeter Kite bei über 30 Knoten schon genug zu tun und war immer wieder kurz vor dem Aufgeben. Ashraf hat mir aber stets Mut gemacht und mich zum Weitermachen motiviert.
Nach einer weiteren Stunde haben wir den 5er Kite aufgebaut und sind ins Wasser gegangen, wohlgemerkt bei zwischen 30 und 35 Knoten. Ich hatte den großen Schulungsbereich für mich alleine und irgendwann hab ich ganz vergessen wie stark der Wind war und konnte den Kite fehlerlos starten und landen und noch ein paar weitere Übungen machen. Ich kam mit trockenem Neo aus dem Wasser, denn ich habe den Kite kein einziges Mal verlenkt und wurde nie durchs Wasser gezogen.
Ich war so stolz auf mich, dass ich erst beim Rausgehen gegen den Wind bemerkte, dass der Wind richtig krass ballerte. Wenn man mir zwei Jahre vorher gesagt hätte, dass ich einen Kite bei 35 Knoten fehlerlos starten und landen würde hätte ich ihm echt den Vogel gezeigt.
Für die langjährige Kiter da draußen mag sich das alles wie Pipifax anhören, aber für mich persönlich war es eine große Leistung, dass ich nicht aufgegeben und meine Angst überwunden habe.
Eine kurze Anmerkung, da es Rückfragen gab: Generell schult die Kiteschule nur zwischen 12-30 Knoten. Da wir aber schon längere Zeit draußen waren, als der Wind aufgefrischt hat, war es für mich noch in Ordnung mit dem 5er. Wenn es mir zuviel geworden wäre, hätte ich jederzeit abbrechen können, was ich am nächsten Tag auch mal getan habe, als es zuviel wurde. Dann haben wir einfach weitergemacht, als der Wind schwächer wurde. Sagt einfach jederzeit, wenn ihr euch irgendwie unsicher oder unwohl fühlt.
Am nächsten Tag haben wir Bodydraggen geübt und da wurde mir wieder die Power, die so ein Kite hat, richtig bewusst. Aber mein Kitelehrer war immer neben mir und hat das Schulungstempo auf meine Bedürfnisse angepasst. Außerdem fahren ständig die Motorboote der Kitestation herum, die sofort zur Hilfe sind, wenn man den Kite nicht mehr starten kann oder abgetrieben wird. Sicherheit wird am 7Bft Kitehouse groß geschrieben, da der Wind ablandig weht und man bei ablandigem Wind sowieso nicht ohne Rescue rausgehen sollte.
(An einem Tag war ich mit dem SUP am Wasser und schon ziemlich weit draußen, aber sofort war das Motorboot ungefragt zur Stelle, ob ich Hilfe brauche. Absolut Top aufmerksam kann ich da nur sagen.)
Es gibt natürlich auch Gegenstimmen zum Stehbereich. Manche sagen, dass Kiten lernen im stehtiefen Wasser gefährlicher wäre als im Tiefen. Ich persönlich habe mich aber im Tiefen unwohler gefühlt, wenn ich keinen Boden mehr unter den Füßen hatte. Das muss aber jeder nach seiner Vorliebe entscheiden, es gibt Kiteschulen, die nur vom Boot aus im tiefen Wasser schulen, aber damit könnte ich mich gar nicht anfreunden.
Über das Bodydraggen bin ich noch nicht hinausgekommen, da ich mir für jeden Schritt ziemlich lange Zeit lasse und erst sicher gehen möchte, dass ich alles richtig kann und die Bewegungen in Fleisch und Blut übergehen. Aber ich gebe nicht auf. Ich brauche bestimmt noch ein paar Tage mit einem guten Kitelehrer, damit ich fahren kann und ich werde auch sicher in Zukunft nur Kiten, wenn die Bedingungen top sind. Das macht aber überhaupt nichts, denn die wichtigste Lektion, die ich gelernt habe ist, dass ich manchmal über meinen Schatten springen muss und ich doch Sachen schaffe, die ich mich vorher nie getraut hätte.
Man sollte vor neuen Dingen immer genug Respekt mitbringen und diesen auch behalten, aber manchmal tut es einfach gut, wenn man seine Ängste überwindet und sich selbst mehr zutraut.
Danke an meinen Kitelehrer Ashraf, der an mich geglaubt hat und wohl mehr Geduld als jede Kindergartentante mitbringt.
Wenn du Kiten lernen möchtest, dann erkundige dich im Vorfeld gut. Die meisten Schule bieten kostenlose Schnupperstunden mit dem Trainerkite an, da kannst du die Schule schon mal ein bisschen testen und dir einen Überblick über die Schulungsmethoden der Lehrer verschaffen. Sieh dir immer ganz genau an, wie viele Schüler pro Lehrer unterrichtet werden, das sollten nicht mehr als 3-4 pro Einheit sein. Außerdem sollte die Schule VDWS oder IKO zertifiziert sein, damit du auch eine Bestätigung deiner absolvierten Einheiten nachweisen kannst, wenn du später mal Material an einer anderen Kitestation ausleihen möchtest.
Aus meiner Erfahrung heraus, kann ich jedem, der Kitesurfen lernen möchte, das 7Bft Kitehouse nur ans Herz legen. Die Bedingungen könnten wohl nicht besser sein und auch das Rundherum mit Restaurant, Liegemöglichkeiten, Verleih, Storage und Betreuung und - am allerwichtigsten - die sympathischen und interessanten Menschen - ob Kitelehrer, andere Gäste oder die vielen fleißigen Heinzelmännchen, die für einen reibungslosen Ablauf sorgen - stimmt einfach.
Ich finde, dass Somabay ideal ist, um schnell mal eine Woche ins Warme zu fliegen, Kiten zu gehen und mit Gleichgesinnten einen entspannten Urlaub zu verbringen. Wir hatten einen No-Wind Tag, aber auch da gibt's genug Optionen wie Stand Up Paddling, Wakesurfen, Banana Boat fahren, Schnorcheln oder einfach mal die Sonne genießen.
Unsere Reise wurde unterstützt vom Ägyptischen Fremdenverkehrsamt, dem Hotel "The Breakers" und Somabay. Alle Meinungen und etwaige Begeisterungsstürme entstammen jedoch unserem Mund.
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