... oder Urlaub im All-Inclusive Trash Paradies in Kuba.
Ein Geräusch, dass mich immer an Varadero erinnern wird: die klappernden Hufe von Pferden, die im Stechschritt oder besser -trab wacklige Touristenkutschen hinter sich herziehen und vor Erschöpfung fast zusammenbrechen.
Nach einem etwas wackeligen 11 Stundenflug mit Air Berlin sind wir am Flughafen in Varadero gelandet. Erster Eindruck vom kubanischen Flughafen: alles geht sehr, sehr langsam von statten und auch das Loch im Dach, das aufgrund des strömenden Regens eine Menge Wasser durchlässt, scheint niemanden zu interessieren. Nach einer gefühlten Stunde haben wir die Passkontrolle passiert und konnten unser Gepäck abholen. Es gab zwar ein Gepäckband, aber alle Koffer wurden in einem wilden Chaos auf den Boden gestellt. Mein schöner pinker Koffer hat das Ganze (oder den Flug) leider nicht unbeschadet überstanden und ist nur mehr ein Dreiroller.
Die Autovermietung - wenn man es so nennen kann -befindet sich in einer provisorischen Holzhütte neben dem Flughafengebäude. Nachdem zwei freundliche Männer unsere Reservierung auf einem Schmierzettel doch noch gefunden haben, wurde uns versichert, dass wir ein Upgrade auf das neueste und beste Auto erhalten haben. Gebucht hatten wir einen Suzuki Jimny, erhalten haben schließlich einen Peugeot 2008, der tatsächlich nur 23.000 Kilometer am Tacho hatte und in einem sehr guten Zustand war.
Kurze Info für alle, die auf Kuba ein Mietauto buchen möchten: Die Anzahl an Mietautos ist sehr begrenzt und eine Reservierung ist gerade in Ferienzeiten unbedingt erfolderlich. Wir haben einige enttäuschte Gesichter gesehen, da die Mietwagenfirma alle ausgebucht waren. Es gibt nur wenige Reiseveranstalter in Deutschland, die überhaupt Mietautos in Kuba anbieten.
Die Autoversicherung ist vor Ort zu bezahlen und wird auf den Mietpreis draufgeschlagen. In unserem Fall waren das inkl. Zusatzfahrer ca € 360 für 3 Wochen. Dieser Betrag ist in Bar zu entrichten - also besser vorher Geld am Flughafen wechseln. Die Schlange am Wechselschalter ist nämlich auch immer recht lang. Die Autovermietung belastet die Kreditkarte dann noch telefonisch mit ca. € 200 als Kaution. Im Falle eines Unfalls muss man immer die Polizei rufen, um die Schuldfrage zu klären. Wenn man unschuldig ist, zahlt man keinen Selbstbehalt, im Schuldfall ca. € 350.
Wichtig zu wissen: Es gibt kein Navigationssystem, das in Kuba funktioniert, bzw. dürfte man auch gar kein GPS-fähiges Gerät mitnehmen. Internet gibt es nur in großen Hotels, somit hat sich die Google Maps Navigation per Daten-SIM auch geklärt. Wir konnten beim Vermieter noch die letzte Landkarte ergattern. Den Weg zu unserer ersten Unterkunft haben wir uns noch vorab zu Hause ausgedruckt. Die ersten drei Nächte verbrachten wir in einer so genannten Casa Particular. Kubaner dürfen 2 oder 3 Zimmer privat vermieten - erkennen kann man die Casas am Anker, der am Türschild hängt.
Nach ca. 20 Minuten haben die wir “Casa Bertha y Alfredo” am Ortsanfang von Varadero erreicht und wurden mit Wangenkuss und Umarmung freundlich begrüsst. Die Casa liegt direkt am Strand und die zwei herzlichen Besitzer geben sich alle Mühe, den Aufenthalt nett zu gestalten. Die Zimmer sind einfach, aber sauber inkl. Bad/WC sowie Ventilator und Klimaanlage ausgestattet. Das Frühstück besteht aus Toastbrot, Butter, frischen Früchten, Omlett sowie Kaffee und Saft. Auf Wunsch kocht Bertha auch das Abendessen, das wir am ersten Abend gerne in Anspruch genommen haben, da wir sehr müde waren. Sie servierte uns eine Riesenportion Fisch mit Reis, Kartoffelpüree sowie Salat - alles schmeckte sehr gut.
Nach einer etwas schlaflosen Nacht - der Jetlag machte uns doch etwas zu schaffen - haben wir am nächsten Tag Varadero erkundet. Die schmale Halbinsel erstreckt sich über ca. 25 Kilometer und die letzten 10 Kilometer sind den großen Hotelketten wie Iberostar und Melìa vorbehalten. Im Ortszentrum von Varadero gibt es Restaurants, Bars und kleine Handwerksstände, aber leider keine Sehenswürdigkeiten und alles macht einen recht künstlichen Eindruck. In Varadero weht immer mal ein kitebarer Wind, sodass Jürgen gleich die Gelegenheit nutzen wollte. Allerdings war der Zugang zum Kitebeach gar nicht so einfach, da der Strand fast nur über die Hotels erreichbar ist. Einen Zugang fanden wir dann doch - mehr zum Thema Kitesurfen auf Kuba gibt es in einen eigenen Bericht.
Der Strand von Varadero ist wirklich schön, sauber und bietet türkisblaues, warmes Wasser. Was wir allerdings vergeblich gesucht haben, war eine nette Strandbar - denn alle Hotels sind auf All-Inclusive ausgerichtet.
Am zweiten Abend haben wir uns ein nettes Restaurant gesucht und wurden von der einheimischen Küche dann doch etwas “überrascht”. Der Vorspeisensalat “Ensalada con pollo”, also Salat mit Hühnchen stellte sich dann als kleingeschnitte Spaghetti mit Hühnerstückchen, Mayonaise und einem Tupfen Ketchup heraus.
Die Hauptspeise “Paella cubana” war eine Riesenportion des köstlichen Reisgerichtes, aber auf meinem gegrilltes Rindersteak, das sich dann als gegrilltes Rinderschnitzel herausstellte, musste ich dann doch ziemlich lange herumkauen. Die Preise in den Restaurants - vor allem für Getränke - sind jedoch relativ günstig. Für ein Bier zahlt man ca. 1 CUC, also umgerechnet ungefähr € 0,80.
Kurze Fahrten kann man ruhig mit dem Taxi zurücklegen, die hier in Massen herumfahren. Es empfiehlt sich allerdings den Fahrpreis vorher auszumachen, damit man nicht abgezockt wird. Gerne sagen die Fahrer auch, dass sie nicht herausgeben können, also das Geld möglichst passend parat haben.
Das Klima in Varadero ist feucht-heiß, im Winter von Dezember bis März liegen die Temperaturen um die 25 - 28 Grad und es gibt kaum Niederschläge. Gefühlt kam mir die Temperatur jedoch viel wärmer vor. Die heißesten Monate sind Juli und August, hier kann das Thermometer gerne auf 40 Grad klettern - bei 90% Luftfeuchtigkeit nichts für Zartbesaitete. Für uns Europäer bieten sich Dezember bis April an, denn in diesem Zeitraum gibt es keine Hurrikans.
Die letzte Nacht vor unserem Rückflug verbrachten wir auch in Varadero und an diese Nacht haben wir leider nur negative Erinnerungen. Nach einer 7,5 stündigen Fahrt von Cayo Coco, die extrem mühsam und anstrengend war, sind wir um ca. 19:30 in Varadero angekommen.
Lasst euch eines gesagt sein: Fahrt niemals nach Einbruch der Dunkelheit in Kuba mit dem Auto. Auf den Straßen sind alle Verkehrsteilnehmer wie Radfahrer, Kutschen, Radtaxis, Ochsengespanne und auch Autos ohne Licht unterwegs. Die Straßen verfügen über keinerlei Beleuchtung oder Markierungen. Somit bewegt man sich mit maximal 50 km/h um niemanden zu übersehen. Da es kaum Orts- bzw. Straßenschilder gibt, fährt man auch fast orientierungslos durch die Gegend.
Mit einigen Mühen und Herumirren durch unheimliche Ortschaften haben wir Varadero dann doch noch erreicht. Im Normalfall hat man in Kuba keine Probleme relativ schnell eine Unterkunft in einer Casa Particular zu finden. Doch dieser Abend schien wie verhext. Alles war ausgebucht und die zwei Zimmer, die wir uns angesehen haben, waren eine einzige Schimmelkatastrophe, in der wir auf keinen Fall schlafen wollten.
In Varadero gibt es ca. 50 All-Inclusive Bunker und in unserer Verzweiflung waren wir sogar bereit für ein Zimmer die überhöhten Hotelpreise zu bezahlen. Aber auch die Hotels waren ausnahmslos ausgebucht. Wir waren schon drauf und dran unser Quartier im Auto oder am Strand aufzuschlagen, als uns der Besitzer eines Zwei-Sterne Hotels ein Zimmer in einem benachbarten “Hotel” angeboten hat. Seine Schwester brachte uns hin und als uns zwei eher zwielichtige Gestalten das Zimmer gezeigt hatten, haben wir trotz überteuertem Preis das Zimmer gebucht, ganz einfach aus Mangel an Alternativen. Aber das Auto wäre doch die bessere Variante gewesen.
Das Zimmer war derart schmutzig und ekelhaft, dass wir uns einig waren, erst ab einem bestimmten Alkoholpegel hier nächtigen zu können. Da es schon 21:30 wollten wir zuerst noch was essen. Nachdem mehrere Restaurants bereits geschlossen hatten, mussten wir auf ein Steakrestaurant ausweichen. Der Kellner wollte uns unbedingt das überteuerte Tenderloin Steak verkaufen und nur mit viel Widerwillen seinerseits durften wir eine andere Bestellung aufgeben. Nachdem mir mein Teller mit zerfetztem Fleisch auf den Tisch geknallt wurde, musste ich mit den Ameisen kämpfen, die meinen Teller mit vereinten Kräften davontragen wollten. Hätte ich ihnen nur das Schuhsolenartige Stück eines zu unrecht geschlachteten Rinds überlassen!
Neben unserer tollen Unterkunft befindet sich die etwas zwielichtige, aber anscheinend sehr beliebte Bar “Calle 62”, wo auch gerade ein Liveband einen Auftritt hatte. Wir haben einen freien Tisch
ergattert und bei mehreren oder vielen Cuba libres dem eigenartigen Schauspiel zugesehen. Aufgrund der blinkenden Beleuchtung, des fragwürdigen Publikums, dem Anteil an käuflicher Liebe sowie des
Alkoholverbrauchs hätte sich diese Bar auch in Phuket oder El Arenal befinden können.
Um halb 4 Uhr morgens haben wir uns schließlich ins Bett getraut, jedoch nicht ohne die schmuddelige Bettdecke gegen unser Strandtücher auszutauschen. Nach einer wenig erholsamen Nacht haben wir gegen halb 8 die Alptraumunterkunft (sie hat keinen Namen, ansonsten würde ich hier eine deutliche Warnung aussprechen, aber meidet einfach die Calle 62 in Varadero) verlassen und uns in der Marina von Varadero bei Cafè Cubano und einem Schokocroissant von der seltsamen Nacht erholt.
Varadero hat nichts mit dem ursprünglichen Kuba gemeinsam. Wer ein mittelmäßiges All-Inclusive Hotel am schönen Strand sucht und etwas Party machen möchte, ist in Varadero sicher gut aufgehoben. Allen anderen empfehle ich, sich ein Mietauto oder ein Busticket zu reservieren und auf dem schnellsten Weg den Flughafen Varadero in Richtung Havanna, Trinidad oder Cienfuegos zu verlassen.
Unser Roadtrip geht weiter! Erfahrt mehr über Vinales!
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